Die Hafenstadt Rostock liegt an der Ostseeküste und ist dadurch räumlich von der Lage am Wasser geprägt. Dies mag aber nicht nur für den Schiffsverkehr von Vorteil sein, denn auch der Fußverkehr profitiert hierbei von einer attraktiven Umgebung aufgrund der Nähe zum Wasser.
Die größte Stadt des nordöstlichsten deutschen Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern, oder auch „MeckPomm“ wie es die Einheimischen liebevoll abkürzen, wies in den letzten Jahren einen sinkenden Fußverkehrsanteil am Modal Splits auf und schaffte es dennoch neben Jena die beste Bewertung des perpedesindex 2016 zu erreichen.
Der vom Verkehrswissenschaftler Jörg Kwauka entwickelte perpedesindex bewertete 72 deutsche Großstädte nach den Indikatoren Verkehrssicherheit (getötete Fußgänger pro Mio. Einwohner), Anteil des Fußverkehrs im Modal Split, Umwegefaktor (Erreichbarkeit), Motorisierungsgrad und Erholungsfläche pro Einwohner (Attraktivität), wobei jede Stadt insgesamt maximal 100 Punkte erreichen konnte. Rostock und Jena erreichten mit 76 Punkten den ersten Platz unter den Großstädten, was vermutlich am im Vergleich relativ hohen Fußverkehrsanteil am Modal Split liegen mag, selbst wenn sich dieser in den vergangenen 20 Jahren reduziert hat.
Anfang der 1990er-Jahre mag dies noch am steigenden Anteil des MIV gelegen haben, als dessen Wert von ca. 30 Prozent im Jahr 1991 bis Ende der 1990er-Jahre auf etwa 41 Prozent anstieg, bis jedoch ab Anfang der 2000er Jahre der Anteil des motorisierten Verkehrs zurückging und der Umweltverbund wieder anteilsmäßig dazugewinnen konnte. Trotz alledem konnte der Fußverkehr nie wieder die zahlenmäßige Bedeutung erlangen, die dieser früher in den 1990ern hatte, während hingegen der Radverkehr deutlich an Bedeutung gewinnen konnte. Die aktuellsten Zahlen aus 2014 sprechen allerdings für einen positiven Trend, der ehemaligen Werten wieder näher kommt, denn der Umweltverbund verzeichnete in der 200.000-Einwohner-Stadt einen Anteil von rund 65%, wobei Prognosen von einem weiteren Anstieg des Fußverkehrsanteils bis 2030 ausgehen. Um dies zu erreichen hat die Stadt Ziele und Maßnahmen im Stadtentwicklungskonzept „Rostock 2025 – Leitlinien zur Stadtentwicklung“ definiert, wie u.a. den Bau von Fuß- und Radwegbrücken und die Beseitigung von Barrieren auf Fußwegen.
Dass innerhalb des Umweltverbundes wiederum die aktive Mobilität besonders stark ist verwundert nicht, denn die Topographie ist geradezu ideal dafür. Kaum bzw. nur geringe Steigungen in der Stadt machen das Zufußgehen attraktiv, einzig die Entfernung vom Zentrum bis zur Küste erfordert entweder einen langen Fußmarsch oder die Nutzung von Rad oder ÖV. Vom Hauptbahnhof der Hansestadt ist der Weg allerdings nicht weit in die Innenstadt und auffällig dabei ist der Oberflächenbelag in manchen Seitenstraßen, wo noch immer das Kopfsteinpflaster vergangener Tage erhalten ist. Ein Hingucker beim Warten an den größeren Kreuzungen sind die vor allem aus Berlin bekannten Ampelmännchen, die auch in Rostock anzutreffen sind. Das Zentrum selbst ist weitestgehend fußgängerfreundlich ausgerichtet, wobei mangels „Begegnungszonen“ einige Fahrbahnen in der Innenstadt erhalten geblieben sind.
Und dort wo FußgängerInnen unterwegs sind, floriert die lokale Wirtschaft: Die wichtigste Einkaufsstraße in Rostock, die Kröpeliner Straße, verläuft in Ost-West-Richtung und wird von zahlreichen Geschäften und Restaurants sowie Cafés gesäumt, die von Touristen wie Einwohnern aus der Region aufgesucht werden. Aber um entlang des Wassers zu gehen, muss man die Innenstadt gar nicht verlassen: Entlang des Warnow-Ufers sind breite Fußgängerpromenaden angelegt, die neben den Schiffsanlegestellen zum Verweilen einladen. Doch wer an die Küste möchte, der muss in den Stadtteil Warnemünde. Hier direkt an der Ostsee dominieren natürlich touristische Nutzungen, denn Warnemünde ist vor allem in den Sommermonaten ein beliebtes Reiseziel. Und hier bestimmen ganz klar die FußgängerInnen das Geschehen, ob auf der Strandpromenade oder am Sandstrand.
ein Beitrag von Christian Zeilinger, walk-space.at